Pfadnavigation

Wer profitiert von dem Grundsatz?

Herr Dr. Schenk, die IHKs gehen auf Nummer sicher, aber wer profitiert von dem Grundsatz?

Dr. Gordon Schenk: Tatsächlich profitieren alle an der Prüfung Beteiligten, denn der Grundsatz ist ein wichtiger Bestandteil der besonderen Qualität der Kompetenzfeststellung für die IHK-geprüften Abschlüsse. Die Prüfungsteilnehmerinnen und -teilnehmer profitieren von der gesicherten Gleichbehandlung, Objektivität und Transparenz rund um die Vorbereitung und Durchführung ihrer Prüfung. Die Prüfungsinhalte müssen laut Verordnung gleichmäßig abgedeckt sein, es darf also nicht auf einem Thema „herumgeritten“ werden. Wer die vorgegebene Themenvielfalt im Blick hat und sich insgesamt gut vorbereitet, wird das in der Prüfung auch zeigen können und kann darauf vertrauen, dass das objektiv gesehen wird.

Auch die Prüferinnen und Prüfer in den Prüfungsausschüssen profitieren: Schließlich engagieren sie sich ehrenamtlich und die Kompetenzen müssen im Konsens festgestellt werden. An vermeidbaren Diskussionen nach dem Motto „aber den Kandidaten kenne ich schon lange, unter anderen Umständen hätte der bestimmt anders geantwortet …“ ist hier niemand interessiert.

Die IHKs profitieren, weil sie ihren Auftrag zuverlässig, nicht anfechtbar und dadurch auch wirtschaftlich erfüllen können. Und nicht zuletzt profitieren die Arbeitgeber, weil sie sich auf die berufliche Leistungsfähigkeit verlassen können, die die Prüfung den Absolventinnen und Absolventen bescheinigt.

Wie können Prüferinnen bzw. Prüfer reagieren, wenn Teilnehmende vor Beginn der eigentlichen Prüfung einwenden, die Prüfenden würden sie ja gar nicht kennen und deshalb auch bestimmt nicht richtig verstehen?

Bernd Müller-Hepp: Wir sollten in solchen Fällen erklären, dass eine objektive Bewertung nur dadurch objektiv ist, dass sie eben nicht an ein persönliches Verhältnis gebunden ist. Alle Teilnehmenden haben die gleichen Chancen, denn keiner kennt die Prüfenden schon vorher. Es geht um die Sachebene, das heißt um Handlungskompetenzen im betrieblichen Kontext, und nicht um persönliche Befindlichkeiten. Deshalb entscheidet auch nie ein Prüfer oder eine Prüferin allein und alle Prüfenden verfügen über ausreichende Berufserfahrung, um die Qualität der Antworten mit Blick auf die Berufspraxis einordnen zu können. Dazu zählt auch, dass die Prüfenden Lösungen selbst dann nachvollziehen und beurteilen können, wenn sie von einer Standardantwort abweichen. Es gilt, Mut zuzusprechen, zu motivieren und dabei die guten Gründe für die Organisationsform der Prüfung zu erklären.

Dr. Gordon Schenk: Ich denke, dass Prüferinnen und Prüfer in so einer Situation auch an die Realität des Berufslebens anknüpfen können. Schließlich gehört es heutzutage einfach dazu, mit fremden Menschen in einen sachlichen und fachlich geprägten Diskurs einzusteigen. Ob das die Kundschaft, Lieferanten oder Arbeitskolleginnen und -kollegen sind, Fach- und Führungskräfte auf dem Niveau eines Fachwirte-, Meister oder Betriebswirteabschlusses sollten in der Lage sein, konstruktiv mit anderen zu arbeiten, auch wenn sie sie gerade erst kennenlernen. Genau das spiegelt die Prüfung wider.

Herr Müller-Hepp, Herr Dr. Schenk, vielen Dank für diese tief- und weitblickenden Erklärungen.